Taufe – Aufnahme in die Gemeinschaft der Glaubenden

Früher kam es ziemlich oft vor, dass Eltern wenige Tage nach der Geburt ihres Kindes zum Pfarrer kamen, um möglichst bald einen Tauftermin zu vereinbaren; oder sogar, dass das Kind schon kurz nach der Geburt im Krankenhaus getauft wurde mit der Begründung: ". . . wenn dem Kind mal was passieren sollte!"


Die Taufe wurde vor allem als Akt individueller Erlösung angesehen: bis zur Taufe unerlöst, von der Taufe an erlöst und damit gesichert gegen die Schicksalsschläge des Lebens, vor allem gegen solche, die das Kind "auf ewig" von Gott trennten. Auch wenn dahinter sicher eine gute Absicht steckte, so war das Gottesbild doch ziemlich seltsam: Schützt Gott denn nur getaufte Kinder und überlässt die ebenso ungetauften wie unschuldigen Kindern einem blinden Schicksal? Unvorstellbar! Vor allem aber fehlte dabei der Bezug zur Kirche als Gemeinschaft der Glaubenden; bei diesem Verständnis des Tauf-Sakramentes war es eigentlich ganz unwichtig, ob auch die Gemeinde, zu der das Kind von der Taufe an gehören würde, irgendwie anwesend war - selbst die Mutter war ja meistens bei der Taufe gar nicht dabei, obwohl sie doch die "erste Zeugin des Glaubens" für ihr kleines Kind ist.


Deshalb betonen wir heute zu recht, dass die Taufe, weil sie ein Sakrament ist, zunächst die feierliche Aufnahme in die Gemeinschaft der Glaubenden ist. Das kleine Kind wird in die Reihe derer aufgenommen, bei denen Jesus Christus gegenwärtig ist; denn "wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, bin ich mitten unter ihnen", sagt Jesus. Und so, wie Jesus in dieser Welt zum Zeichen der greifbaren Liebe Gottes geworden war, setzt die Kirche als sichtbares Zeichen einer unsichtbaren vom Geiste Jesu geführten Gemeinschaft sein Werk in dieser Welt fort. Kirche als sichtbare Gegenwart des unsichtbaren Gottesgeistes!


Das wird in den Sakramenten konkret: Das sichtbare Zeichen des Wassers und das hörbare Wort der Taufspendung stellen dar, was mit dem Täufling geschieht: Er wird eingegliedert in die Gemeinschaft aller, die mit Jesus Christus verbunden sind; konkret aber wird diese Verbundenheit mit Jesus Christus und mit allen Glaubenden in der Ortsgemeinde vollzogen.


Deshalb ist es auch sinnvoll, dass die Taufe weder "unter Ausschluss der Öffentlichkeit" noch als reine innerfamiliäre Feier vollzogen wird, sondern in der Kirche als dem Ort der geistlichen Heimat des Täuflings. Die Gemeinde sollte dazu eingeladen werden; denn sie gehört ja dazu, wenn ein Mensch aufgenommen werden soll. Manche Gemeinden sind dazu übergegangen, die Taufe zu Beginn des sonntäglichen Gemeindegottesdienstes zu spenden, indem die Taufliturgie an die Stelle des Wortgottesdienstes tritt. Dann wird deutlich, dass die Aufnahme in die konkret anwesende Glaubensgemeinschaft erfolgt.


Das ist natürlich für die Gemeinde auch eine Verpflichtung: Sie soll ja ihren Glauben an den kleinen Täufling und überhaupt an die nachwachsende Generation weitergeben. Eigentlich kann das die Gemeinde aber nur dann, wenn sie von Anfang an weiß, mit wem sie es bei der Weitergabe des Glaubens zu tun hat. Schließlich ist es auch gut zu wissen, dass mit jeder Kindertaufe die Zukunft der Glaubensgemeinschaft wieder eine neue Bestätigung erfährt: Jedes Kind ist ein sichtbares Zeichen für die Zukunft, auch für die Zukunft der Kirche.

Medientipp:

Ulrich Zurkuhlen

Glaube im Wandel; 60 Schlüsselbegriffe erklärt
Kevelaer, Butzon und Bercker; Münster, Dialogverlag 1999
ISBN 3-933144-20-5

Text: Ulrich Zurkuhlen, Kirche+Leben

Foto: Michael Bönte, Kirche+Leben